Funde von vorgeschichtlichen Scherben, die G. Hellinger aus Königshofen auf den Äckern in der Flur “Reißwag” in den letzten Jahren immer wieder machen konnte, führten zur Entdeckung von vorgeschichtlichen Siedlungen auf dieser hochwasserfreien Flussterrasse der Tauber nördlich von Königshofen. Die Fundstelle liegt kurz nach Königshofen zwischen der B270 Richtung Tauberbischofsheim und der Tauber.
Grabungen des Landesdenkmalamts im Jahr 2004 (die grau dargestellten Flächen im Übersichtsplan) erbrachten Siedlungsspuren aus der Bandkeramik um 5000 v. Chr., der Urnenfelderzeit (um 1000 v.Chr.) und von der frühkeltischen Hallstattzeit bis zu den frühen Germanen im 2. Jh. n.Chr.
Die Ausgrabung wird von April bis Oktober 2005 durch das Landesamt für Denkmalpflege (Regierungspräsidium Stuttgart) fortgesetzt. Unterstützt wird die Grabungskampagne dankenswerterweise von der Agentur für Arbeit Tauberbischofsheim und der Stadt Lauda-Königshofen.
Das besondere Interesse des Grabungsprojekts gilt den Germanen. Im 2. Jahrhundert v.Chr. sind im Taubertal neben der einheimischen keltischen Kultur erstmals auch Germanen, genauer Ostgermanen feststellbar. Etwa Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. erscheinen im Taubertal erneut germanische, nun jedoch elbgermanische Funde.
In der diesjährigen Kampagne konnten erneut Siedlungsbefunde dieser so genannten Großromstedter Kultur festgestellt werden. Diese Kultur, die aus dem Gebiet der Elbe stammt, ist im Taubertal mit der spätkeltischen Kultur zusammengetroffen. Die Ausgrabung der Siedlung in Königshofen eröffnet die Möglichkeit, die Begegnung dieser zwei Bevölkerungsgruppen zu erforschen, da hier Funde, v.a. Keramikscherben beider Kulturen auf demselben Platz und vielleicht sogar in denselben archäologischen Strukturen (Grubenhäuser, Abfallgruben, Pfostengruben usw.) festzustellen sind.
Nach einer Fundlücke im 1. Jh. n.Chr. sind erst im 2./3. Jahrhundert n.Chr. wieder germanische Siedler im Taubertal festzustellen. Zu dieser Zeit sind dann jedoch mehrere Dörfer zwischen Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim bekannt. Eine kleine Gruppe von Rhein-Weser-Germanen muss sich hier, nur 30 km von der Grenze des römischen Reiches entfernt, niedergelassen haben.
Dass diese Leute Kontakt zu den Römern, z.B. in den nahegelegenen Legionslagern Osterburken und Walldürn hatten, geht bereits aus Lesefunden vom “Reißwag” hervor, unter denen sich konzentriert auf einem Platz Scherben römische Bilderschüsseln (Terra sigillata) und verbrannte Tierknochen befinden. Sowohl Scherben als auch Knochen sind stark verbrannt, es handelt sich jedoch nicht um eine der bei den Germanen üblichen Brandbestattungen, sondern vermutlich um Brandopfer von Tieren und wertvollen römischen Tongefäßen. In der Grabung 2004 konnten weitere Scherben von Terra sigillata, verbrannte Tierknochen und zerschmolzene Bronzeklumpen gefunden werden (linkes Bild), die in einer nur noch flach erhaltenen Grube lagen.
Welcher Art waren die Kontakte der Germanen zu den Römern (friedlich, feindlich?) und wie stark wurden sie von der römischen Kultur beeinflusst? Auch auf diese Fragen soll die Grabung Antworten finden.
Neben den keltischen und germanischen Funden ließen sich auf dem Grabungsgelände auch Siedlungen aus anderen Zeitepochen nachweisen. Die ältesten stammen bereits aus der jungsteinzeitlichen Bandkeramik, der ersten Bauernkultur in unserer Gegend, um 5000 v.Chr. Der Schwerpunkt der bandkeramischen Besiedlung liegt im oberen Teil der Grabungsfläche.
Aus frühkeltischer Zeit stammt eine zunächst unscheinbare Scherbe, die jedoch eindeutig ein griechisches Produkt ist, und beweist, dass die Bewohner des Taubertals bereits im 5./4. Jahrhundert v.Chr. Handelskontakte bis ans Mittelmeer nutzen konnten.
Eine Überraschung bot eine Grube vom Ende der Jungsteinzeit im 3. Jahrtausend v.Chr. Sie enthielt eine Unmenge von durchbohrten Tierzähnen (wohl vom Hund oder Wolf), die als Schmuck gedient haben müssen. Anhand der enthaltenen Scherben konnte die Grube, wie noch ein paar weitere, der sogenannten Schnurkeramik zugewiesen werden. Zwar ist das Taubertal für seine schnurkeramischen Grabfunde in der Fachwelt berühmt, Siedlungsfunde sind jedoch hier bisher unbekannt und auch sonst in Süddeutschland äußerst selten.
Neue Erkenntnisse aus den Ergebnissen der Grabung bei Königshofen sind daher nicht nur bezüglich der Germanen zu erwarten.